1832 bis 2021
Die Geschichte der Studentenverbindung Helvetia
Die Wurzeln der farbentragenden Studentenverbindungen (Studentengemeinschaften gab es, seit es Unis gibt!) sind im Deutschland des 19. Jh. zu suchen. Der Funke der Pariser Julirevolution von 1830, bei der Studenten die Errungenschaften der Französischen Revolution verteidigten, sprang erst nach Deutschland, und dann auch auf die Schweiz über.
Es kam auch in der Schweiz zu handgreiflichen Auseinandersetzungen (Bspw. in Neuenburg und Gelterkinden) zwischen Bürgerlichen und “Radikalen”, wie sich damals die liberal Gesinnten nannten. Und die jungen Herren Studenten, die anno 1832 am Pfingstmontag im Gasthof Engel zu Hitzkirch (LU) die gesamtschweizerische Studentenverbindung Helvetia gründeten, waren allesamt “radikal” gesinnt: schwärmerische Kinder der Französischen Revolution sozusagen. Sie waren Mitglieder des Zofingervereins, einer anderen Studentenverbindung, gewesen und aus ihm ausgetreten, weil ihnen die Gesinnung des Zofingervereins zu konservativ war.
Man ahnt: Unsere Baby-Helvetia schien eher eine Art Politforum der radikal-liberalen Jugend gewesen zu sein als eine Studentenverbindung, wie wir sie heute kennen. So steht noch 1857 in einer Gründungsurkunde unmissverständlich geschrieben: „L’Helvétia accepte et professe les principes démocratiques“. Biercomment und Mensurwesen waren, wenn es sie überhaupt schon gab, Marginalien. Daher verwundert es auch überhaupt nicht, dass von Anfang an in der Promi-Galerie der Helveter fast nur politische, z.T. gar bundesrätliche Köpfe glänzen: etwa Jakob Stämpfli, Niklaus Niggeler, Jakob Dubs und der Kommunist und Antimilitarist Franz Welti, der 1921 leider exkludiert wurde.
Helvetia-Sektionen wurden seit der Gründung 1832 mit Enthusiasmus in diversen Schweizer Städten eröffnet, die gingen aber ausser der Berner Sektion bis 1836 allesamt ein. Die Geschichte der einzelnen Sektionen ist geprägt von einer verwirrenden Abfolge von Gründungen, Umbenennungen, Aufsplitterungen und Suspensionen. Soviel zu Basel: 1860 wurde hier die erste kurzlebige Sektion gegründet. Es fällt auf, dass die Basler offensichtlich trinkfreudiger waren als andere Sektionen, denn sie wollten gleich nach der Gründung den Biercomment einführen, was ihnen vom Zentralvorstand nicht erlaubt wurde.
1876 traten sie gar für kurze Zeit aus dem Zentralverband aus.Kurzum, seit etwa der Jahrhundertwende existiert die Studentenverbindung Helvetia in Basel,
Bern
,
Zürich
,
Lausanne
und
Genf
ununterbrochen. Das freisinnig-politische Moment trat nach und nach in den Hintergrund, das studentische (Biercomment, Mensurwesen) gewann an Gewicht. Die Mitglieder der Helvetia tragen heute das karmesinrot-weiss-karmesinrote Band, sowie die karmesinrote Mütze. Die Devise der Helvetia lautet: “Vaterland, Freundschaft, Fortschritt“. Begriffe aus der Gründerzeit, die in unseren Reihen immer wieder neu diskutiert und reflektiert werden…